Mein Mann hat mich begleitet. Macht er zwar fast immer - noch - aber manchmal auch nicht mehr, da ich mittlerweile die Panik vor den Ärzten abgelegt habe. Leider bin ich zunehmend (!) verwirrt und habe furchtbare Probleme mit dem Gedächtnis, kann mir nichts mehr merken und bekomme oft beim Reden die Zusammenhänge nicht mehr mit. Aus diesem Grunde - und vornehmlich aus diesem Grunde! - begleitet mein Mann mich.
So, die Symptome waren zu diesem Zeitpunkt akut: Gangunsicherheit, Linksdrall beim Laufen bei extremen Gerüchen, starke Geruchsempfindlichkeit, rechtsseitige Schläfenschmerzen, taube Füße. Ich habe eine Liste mit Symptomen ausgedruckt, die ich künftig den Ärzten mitnehmen wollte. Mein Mann meinte, ich solle doch mal zu der Frau Doktor gehen, die in der Praxis von Internist Nr. 1 ist - meinem ehemaligen (langjährigen) Hausarzt also. Naja, dachte ich mir, warum eigentlich nicht? Obwohl... wenn ich mich richtig erinnerte, dann war das so eine Tabletten-Tante. Aber naja, ausprobieren kann man ja mal, vielleicht hört die ja mal zu.
Gesagt, getan, Termin stand, wir fuhren mit dem Bus hin - ging auch recht zackig, wir waren morgens um 8 Uhr schon dran. Ich hatte wohlweißlich nicht gefrühstückt - folglich also auch meine LT nicht genommen. Als ich der Ärztin gegenüber saß war ich froh, das ich die Liste der Symptome dabei hatte, unter ihrem freundlich-distanzierten Blick fiel mir nämlich alles aus dem Kopf. Typisch in den letzten Monaten. Ich reichte ihr die Liste, sie sah nur drüber, hob den Kopf
und fragte, was sie denn für mich tun könne. Ich erzählte ihr - grob umrissen - wie schlecht es mir ging, wenn ich starke Gerüche wahrnehme. Auch Alltagsgerüche, die ich schon mein Leben lang kenne, machen mir das Leben zur Hölle. Und das ich dann kaum noch richtig laufen könne, manchmal - mit dem Linksdrall - fast zur Seite kippen würde. Sie machte einen Gesichtsausdruck der besagte: "Keine Ahnung, wovon Sie da reden." Aber sagen tat sie:
"Haben Sie denn schon gefrühstückt? Sonst könnten wir Blut abnehmen."
Wie gut, wie gut, wie gut ich mich mittlerweile auskenne! Ich stimmte zu, das wir Blut abnehmen sollten. Sie schüttelte, als ich ihr kurz schilderte, wie schlecht es mir ginge, nur den Kopf und meinte:
"Wir müssen die Blutabnahme abwarten. Machen wir einen Termin zu Besprechung am -" sie sah auf den Monitor und tippte etwas ein "- Mittwoch, dann ist das Ergebnis da. Dann sehen wir weiter."
Super, fünf Minuten später war ich draußen. Der Versuch meines Mannes, ihr zu erklären, das ich auch kein Nikotin mehr vertrage und auch extreme Gangschwierigkeiten zu Hause habe, wenn ich Rauch riechen würde, scheiterte am leeren Gesichtsausdruck der Ärztin, die auch ihm nur mitteilte, wir müßten auf das Ergebnis der BA warten, sie könne dazu nichts sagen. Spitze!
Beim zweiten Besuch - und dafür bekommt die Dame hier auf meinem Blog nicht mal einen 2. Eintrag gewidmet! - saß ich ihr wieder gegenüber, sah in dieses freundlich-nichtssagend lächelnde Gesicht, und sie besah sich (natürlich auf dem Monitor) wohl das Ergebnis meiner BA. Dann sagte sie:
"Es ist alles im normalen Bereich. Ihr TSH liegt bei 1.29, also vollkommen normal. Und Eisenmangel liegt auch nicht vor. Ich weiß nicht, woher Ihre Probleme stammen können, aber vermutlich sind sie alle psychosomatisch. Wie wäre es denn, wenn Sie in einer Psychosomatischen Klinik vorstellig würden? Das ist etwas anderes als eine Psychiatrie, Sie bekämen dort keine Medikamente und die würden Sie nochmal von oben bis unten durchchecken."
Ich nickte ihr zu, ebenso nichtssagend lächelnd. Allein das Wort "psychosomatisch" ließ mich innerlich schreien vor Wut. Ich schrie und schrie und schrie und konnte die Ärztin kaum noch blubbern hören. Nerv, das!
"Könnten Sie mir bitte das Ergebnis noch ausdrucken - für meine Unterlagen?" fragte ich sie, freundlich und selbstsicher.
"Natürlich."
Die Studentin, die auch schon bei meinem letzten Besuch bei der Ärztin mit im Zimmer war, nickte mir bewundernd zu, das ich tatsächlich als Patient an soetwas denken würde. Prima.
Die Ärztin druckte mir also mein Ergebnis aus, ich verabschiedete mich und schwupps - haste nicht gesehen - war ich auch schon zur Tür raus. Und leider leider erst am Bus fiel mir auf, das die dumme Nuss, räusper, nette Frau Doktor vergessen hatte, mir die Referenzwerte mit auszudrucken! Beziehungsweise - und so ist es ja richtig - diese nicht mal im PC hat, denn mein Zettel ist original das, was die Dame auf ihrem Monitor hat sehen können: also ein Ergebnis ohne jeglichen Anhaltspunkt, ohne den Referenzbereich, die Normwerte. Ich könnte grade weiterschreien - innerlich natürlich, und meiner Kehle entringt sich ein Knurren.
Sehr professionell, muß ich schon sagen! *Würg, Brechreiz unterdrück, Hände über dem Kopf zusammenschlag und Haare rauf*
Fazit: wer Unfähigkeit als Privileg betrachtet kann dieser Dame gerne einen Besuch abstatten. Da ich keinen wirklichen Vergleich habe, was die Werte betrifft, hefte ich sie gar nicht erst in meine Mappe. Die anderen Mediziner würden mich ja auslachen und für blöde halten! Nämlich für so blöde wie ich die Ärztin, die auf das Ergebnis einer BA sieht und dabei keinen einzigen Vergleichswert hat. Prima, sehr, sehr professionell, kann ich nur immer wieder betonen. Zumal eine Abfertigung, als wäre man am Bahnhof. Danke sehr, verzichte gerne!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Meinungen und Kritik sind gern gesehen. :O)
Gemeinheiten, Abfälligkeiten, alles Fiese oder Unsinnige sowie Werbung für andere Seiten -> behalt' es gleich für Dich! Ansonsten klopp' ich's in die Tonne.