Sonntag, 16. November 2014

PS Klinik - Die Praktikantin (4)

Die Therapeutin hatte mich gefragt - da wir schon gut eineinhalb Stunden ein Gespräch geführt hatten und ihr die Zeit mittlerweile dann doch etwas knapp geworden war, ohne das wir wirklich auch nur grob (!) umreißen konnten, weshalb ich überhaupt in der Klinik vorstellig geworden war - ob es mir recht wäre, wenn die weiteren Angaben eine Praktikantin übernehmen würde. Vornehmlich ginge es dabei um die genauen Symptome und auch um die private Seite - die Vergangenheit nämlich. Wenn mir dies nicht recht sei, so sagte sie mir, solle ich einfach ablehnen. Ich müsse die Fragen nicht beantworten, allerdings wäre es hilfreich. Auch könne ich gleich sagen, ob ich die Fragen lieber ihr - also der Therapeutin - beantworten wolle, oder ob ich auch mit der Praktikantin sprechen würde.
Ja, kein Problem, sagte ich, die Praktikantin könne ruhig fragen. Dann spare man nämlich Zeit im nächsten Therapiegespräch (und es bleibt ja sowieso an Ort und Stelle).

Nach dem feudalen Mittagessen (hahaha) war ich so erschlagen, das ich mich auf's Ohr legte. Doch kaum hatte ich eine einigermaßen angenehme Liege-Position im "Bett" gefunden, klopfte es auch schon an der Tür und eine sehr junge Frau trat ein. Sie stellte sich als die Praktikantin vor und fragte mich, ob ich etwas dagegen habe, ihr in den Gemeinschaftsraum zu folgen. Der besagte Raum befand sich unweit des Pflegestützpunktes und beinhaltete ein 3-Sitzer-, ein 2-Sitzer-Sofa und einen Sessel, die da waren angehäuft mit Kissen - und sogar eine Decke gab es. Dem großen Sofa gegenüber war ein Fernseher positioniert.
Die Praktikantin ließ sich - nachdem ich auf dem 2-Sitzer Platz genommen hatte - neben mir auf dem 3-Sitzer nieder, sodaß wir uns ansehen konnten. Dann schlug sie ein kleines, aber recht dickes Büchlein auf und begann mit ihren Fragen. Oder sollte ich eher sagen:
mit ihrer Abfragerei?! Denn sie blätterte nach jeder x-ten Frage Seite um Seite um... nach einer Weile dachte ich, das sie mich bestimmt das gesamte Büchlein durchfragen wollte, und ich seufzte innerlich. Nein, ich stöhnte. Ich war völlig groggy, denn um diese Uhrzeit machte ich sonst immer eine kleine Mittagspause, da ich aufgrund der Unterfunktion einfach die Augen nicht mehr aufhalten kann. Und so erging es mir auch hier: ich mußte mich sehr zusammennehmen, damit mir nicht die Augen zufielen. Und das, obwohl ich gewissenhaft antwortete und mir auch beim Beantworten Zeit nahm, über die Frage nachzudenken. Nervig war folgendes: die Praktikantin begann jeden Satz mit "okay, haben Sie auch soetwas wie..." - eine Floskel, ein Lückenbüßer, wie man so schön sagt, ähnlich der Worte "ähm", "aber", "ja hallo" oder etwas derartiges. Ich habe vor sehr, sehr vielen Jahren gelernt darauf zu achten, eben solche Lückenfüller nicht mehr zu benutzen, die man vor allem am Telefon geneigt ist loszulassen. Immer ein Zeichen von Unsicherheit und/oder Verlegenheit.
Wie dem auch sei. Gestellt wurden Fragen zum körperlichen Zustand:
- "Haben Sie auch soetwas wie Schwindel?"
- "Haben Sie auch soetwas wie Magendruck oder Magenkrämpfe?"
- "... Ausfallschritt"
- "... Stottern, verlangsamte Sprache, Sprachverlust oder Wortfindungsstörungen?"
... etc. etc. etc.
Das ging etliche Seiten so weiter, bis eine gute Stunde rum war. Und wir waren noch nicht zum persönlichen/privaten Teil vorgedrungen. Somit sagte mir die Praktikantin:
"Wenn Sie nichts dagegen haben, machen wir morgen früh weiter. Also, je nachdem wie Ihre Termine morgen früh sind. Wenn Sie Zeit haben, können wir das dann weitermachen."
Ich nickte und war ehrlich erleichtert, das die Fragerei für diesen Tag - jedenfalls bei ihr - ein Ende haben sollte.

Zwischenzeitlich - wir waren ungefähr 20 Minuten im "Gespräch" - wurde an die Tür geklopft und eine junge Ärztin trat ein (hatte ich schon erwähnt, das alle Ärzte hier erschienen, als wären sie gerade erst aus dem Ei geschlüpft?). Sie stellte sich als die somatische Ärztin vor, die mir gerne einige Fragen zu meinem (körperlichen) Gesundheitszustand stellen und danach noch eine Untersuchung vornehmen würde. Natürlich willigte ich ein, hatte ich ja an diesem Tage sowieso nichts anders vor (haha) - und dachte auch zu diesem Zeitpunkt noch, das mich das alles dort weiterbringen würde, somit war also noch Hoffnung in mir.

Nach dem nervenzehrenden Gespräch mit der Praktikantin wollte ich an sich nur noch schlafen. Aber wie erwähnt: das nächste Gespräch stand an. Und so ging ich nur rasch auf's Zimmer, ging noch eine rauchen nach dem "Frischmachen" und war schon so fix und alle, das ich nichts wußte, wie ich das noch packen sollte. Und mein Hunger... der wurde größer und größer.

Die Praktikantin selber war sehr nett. Abgesehen von ihrer Zote mit dem Lückenfüller (der wirklich nervig war in Anbetracht der Tatsache, das sie den Spruch vor wirklich jeder Frage losließ) war sie ruhig und tat aufmerksam. Allerdings merkte ich ihr schnell an, das sie das alles zu langweilen schien, denn auf ihrem Gesicht lag eine ausdruckslose Miene, und das, obwohl sie anfänglich interessiert getan und sich mit den Worten "ich bin schon sehr weit in meinem Studium" vorgestellt hatte. Aber naja, was soll's? Man kann ja auch von 8jährigen Praktikanten nichts anderes erwarten. ;)

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