Sonntag, 23. November 2014

PS Klinik - Die Hexe (1)

Kaum war die Untersuchung bei der somatischen Ärztin vorbei - und ich noch mehr erledigt als zuvor schon, so langsam zehrte der Tag an meinen letzten Kräften, der Hunger war kaum noch auszuhalten und die damit verbundenen starken körperlichen Schmerzen taten das ihrige dazu - trat eine seltsame Dame an mich heran. Sie hatte graues Haar mit dunklen Strähnen, war schon ein älterer Jahrgang (wobei sie nicht alt aussah, als vielmehr gealtert wirkte) und sah mich auf eine sehr seltsame Art an: mit schiefem Kopf und bösartigem Grinsen von unten nach oben. Eine Art, als besehe sie sich einen Freak oder Idioten in einer Zirkusshow.
Sie sagte:
"Ich möchte Ihnen mal das Haus zeigen."
Erst nachdem ich ein "ja, okay" von mir gab, schien sie mein Nicken auch als Zustimmung zu interpretieren. Nervig, jetzt schon. Sie holte sich einen Plan aus dem Pflegestützpunkt, bat mich, im Aufenthaltsraum (Fernsehzimmer) Platz zu nehmen, ließ sich neben mir nieder (die selbe Konstellation wie schon bei der Praktikantin) und begann, mir den Plan zu erklären. Es handelte sich hierbei um meinen Wochenplan, auf dem an jedem einzelnen Tag meine Termine eingetragen waren - exklusive der Mahlzeiten, die normalerweise auch immer aufgeführt wurden, nur bei mir war das vergessen worden.
Sie laberte und laberte, es fiel mir sehr schwer, mich noch zu konzentrieren. Ich hätte so sehr mal eine Pause gebraucht. Eine richtige Pause, ein oder zwei Stunden für mich, um der Reizüberflutung zu entgehen, die so langsam richtig heftig einsetzte. Mir schwirrte der Kopf, das Kreuz, die Schultern, die HWS schmerzten unheimlich, ich war unendlich müde und angespannt, der Kopf stach linksseitig, der Tinnitus kreischte und pochte im Ohr.
Ich teilte der Hexe - wie ich sie jetzt taufte, denn ihr Blick war alles andere als fürsorglich, wie es bei den anderen Pflegerinnen hier der Fall gewesen war - mit, das das Gruppendasein nicht so wirklich meiner Natur entsprach. Ich erzählte aus meiner Jugend, das ich das Cliquengehabe noch nie habe leiden können, und das ich es zwar hier versuchen würde, aber mich nicht wirklich in einer Gruppe aufgehoben fühlen würde. Da hob sie die Stimme an, als müsse sie mich maßregeln, wurde grob und unflätig:

"Das können Sie nicht sagen, wir haben hier solche Regeln. Daran hat sich hier jeder zu halten. Wenn Sie sich nicht danach richten, dann werden Sie die Konsequenzen tragen müssen!"
In diesem Moment setzte die Angst ein. Nicht, das ich vor irgendwelchen Konsequenzen Angst gehabt hätte. Immerhin befand ich mich freiwillig hier, und mehr, als das sie mich "rausschmeißen" würden, könnte nicht passieren. Ich war hier schließlich nicht bei "Einer flog über das Kuckucksnest", das hier war eine psychosomatische, keine psychiatrische Klinik. Und doch schwang etwas in ihrem Tonfall mit, das mich zutiefst erschrecken ließ. Boshaftigkeit war es, und die unterschwellige Aggression war es wohl auch, die ich direkt beim ersten Blick in ihren Augen hatte blitzen sehen. Hexe, sage ich doch.
Die Einweisung in den Wochenplan dauerte eine gute halbe Stunde. Jeder Knochen schmerzte mir im Leib, ich wollte nur noch weg hier. Doch dann erst folgte die Führung:

Der Waschraum wurde mir gezeigt - nein, keine Dusche/Badezimmer, sondern eine Waschküche mit Waschmaschinen und Trocknern. Ich wurde (wie von der Pflegerin am Mittag schon) in die Küche gebracht - hier allerdings sagte ich, das ich schon eingewiesen worden wäre und mich bei Fragen an die Mitbewohner wenden würde, um das alles ein bißchen abzukürzen.
Dann mußte ich einen erneuten Blick in den Speisesaal werden - nerv, immerhin war ich ja hier am Mittag schon gesessen! - und letztendlich brachte die seltsame Frau mich auf mein Zimmer. Nein, nicht ganz so schnell. Zuerst ließ sie noch meinen Namen ausdrucken, den sie dann außen neben der Tür anbringen wollte. Sie sagte:
"Normalerweise habe ich immer ein Messer, damit ich das Namensschild hier rein bekomme -" und sie deutete auf das Plastikteil, in das man eben diese Schildchen schieben mußte. " - aber ich habe heute kein Messer dabei."
Und dann dieser Blick! Mir lief es eiskalt den Rücken runter. Ich mußte mich sehr beherrschen, nicht zu zittern, und das fiel mir äußerst schwer. Ich war stocksteif vor Angst.
Endlich hatte die Alte das Schildchen in das Plastikteil gefriemelt und meinte, wir wären durch für heute. Vorerst. Mir graute es davor, dieser Frau nochmal über den Weg zu laufen, und doch war ich froh, erstmal Ruhe haben zu können. Jedenfalls für eine kurze Weile, denn um 19 Uhr war ja schon Abendessen. Und das hatte ich bitter nötig!

Und damit geht es dann auch weiter, liebe Leute! Ich freue mich auf euch!

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